Bundeskanzler in Washington bei Trump: Merz überzeugt als Randfigur
Beim Treffen in Washington überlässt Friedrich Merz meist Donald Trump das Wort. Beim Thema Krieg in der Ukraine findet der Bundeskanzler jedoch klare Worte.

Trotz einer kurzfristigen Planänderung von Seiten des Weißen Hauses war die Stimmung vor dem Treffen gut. Trump begrüßte Merz mit einem Lächeln und einem festen Händedruck, bevor beide für die Kameras posierten. „Wir lieben die Deutschen“, sagte Trump, als er zusammen mit Merz den West Wing des Weißen Hauses betrat.
Im Oval Office angekommen, überreicht Merz ein Geschenk an den US-Präsidenten. Es handelte sich dabei um die Geburtsurkunde von Trumps Großvater, der im Jahr 1869 in Deutschland geboren wurde.
Trump zeigt sich enttäuscht von Elon Musk
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Die im Vorfeld angekündigten Themen Ukraine-Krieg, Zollstreit und die Stärkung der Nato standen an diesem Donnerstag nicht im Mittelpunkt. Es waren vor allem US-innenpolitische Themen wie die anhaltende Kritik von Milliardär Elon Musk am republikanischen Ausgaben- und Steuergesetzespaket in den vergangenen Tagen.
Im November 2024 gewann Donald J. Trump zum zweiten Mal eine Präsidentschaftswahl in den USA und amtiert seit Januar 2025 als 47. Präsident. Er treibt den Umbau öffentlicher Einrichtungen und einen Kurswechsel in der Außenpolitik voran.
„Ich bin sehr enttäuscht von Elon. […] Elon und ich hatten eine großartige Beziehung. Ich weiß nicht, ob das noch so sein wird“, sagte Trump.
Gleichzeitig wiederholte er, wie wichtig das Paket für seine politische Agenda sei. Der „Big, Beautiful Bill“, wie der Gesetzestext von Trump genannt wird, steht aktuell im US-Senat zur Diskussion. Nachdem mehrere republikanische Senatoren Bedenken geäußert hatten, ist dessen Zukunft aber ungewiss.
Merz stärkste Momente
Auch Fragen bezüglich eines neuen Einreiseverbots sowie seines Telefongesprächs mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping musste sich Trump stellen.
Einig waren sich Merz und Trump hingegen darüber, dass der Krieg in der Ukraine schnellstmöglich beendet werden muss. „Ich bin dafür, das Töten zu beenden“, sagte Trump. Merz stimmte Trump zu und erklärte, dass nach mehr als drei Jahren die Zeit gekommen sei, den Krieg endlich zu beenden. Merz bekräftigte, dass Deutschland und Europa bereit seien, mehr Verantwortung zu übernehmen, um dieses Ziel zu erreichen.
„Wir haben in Deutschland das Grundgesetz geändert. Wir können jetzt wirklich die notwendigen Ausgaben tätigen, die wir brauchen, um die Bundeswehr stark zu machen. Ich habe das in meiner Regierungserklärung vor zwei Wochen gesagt. Wir wollen die stärkste konventionelle Armee in Europa bekommen“, erklärte Merz noch vor dem Treffen.
Im Gegensatz zur EU zieht Trump trotz der anhaltenden russischen Angriffe auf die Ukraine im Moment keine weiteren Sanktionen gegen Moskau in Erwägung. Er hofft nämlich darauf, dass sich die Ukraine und Russland doch noch auf einen Waffenstillstand einigen können.
Obwohl der Bundeskanzler nicht viel zu Wort kam, hatte er beim Thema Ukraine-Krieg seine stärksten Momente. Er machte klar, dass Deutschland klar auf der Seite der Ukraine stehe. Und solange es keinen Waffenstillstand gebe, müsse das Ziel sein, die Ukraine mit Waffen und anderen Hilfeleistungen zu unterstützen.
Besuch war fast schon langweilig
Die aktuellen Spannungen in den Handelsbeziehungen sowie Trumps Politik der Strafzölle fand während des Ovaloffice-Auftritts keine große Erwähnung. Dabei hatte sich Merz darauf vorbereitet. „Deutschland ist einer der sehr großen Investoren in Amerika. Nur wenige Länder investieren mehr als Deutschland in den USA. Wir sind auf dem dritten Platz, was die sogenannten ‚foreign direct investments‘ betrifft“, sagte Merz gegenüber Journalisten am Vormittag.
Merz hatte im Vorfeld des Treffens angekündigt, dass er sich bei der Bewertung von innenpolitischen Vorgängen in den USA zurückhalten werde. Und genau dies tat er auch. Es darf ihm also nachgesehen werden, dass er nur wenig zu Wort kam. Im Gegensatz zu den Auftritten des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und des südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa, die von Trump zum Teil nach Strich und Faden vorgeführt wurden, war der Besuch von Merz fast schon langweilig.
Merz wird im Verlauf des Tages noch weitere Gespräche mit Trump führen.
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